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Betriebliche Altersvorsorge (bAV) - Die idelae Form der Altersabsicherung?

Eine beliebte Form der Altersvorsorge ist nach wie vor die moderne Form der Betriebsrente, die betriebliche Altersvorsorge, in kurz bAV. Das liegt vor allem daran, dass jeder Arbeitnehmer nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersvorsorge (BetrAVG) auch einen Rechtsanspruch auf den Abschluss einer bAV hat. Außerdem ist dieses Produkt geradezu prädestiniert, das seit 2005 schwindende Geschäft der Finanzbranche mit klassischen Kapital- und Rentenversicherungen aufzufangen. 

 

Daher werfen wir doch einmal einen Blick hinter die Kulissen:

 

Funktionsweise der bAV:

Die bAV gehört zur sogenannten "zweiten Säule" der Altersvorsorge. Der Vertragsabschluss erfolgt dabei durch den Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers. Der bAV-Anbieter ist in der Regel eine Bank oder eine Versicherung. Bedient wird dieser Vertrag über die monatliche Entgeltumwandlung. Dabei werden die Sparbeiträge direkt vom Bruttogehalt des Arbeitnehmers abgezogen und durch den Arbeitgeber in den Vertrag eingezahlt. Hierauf fallen bis zu einer Summe von aktuell 3.312 EUR pro Jahr keine Steuern und Sozialabgaben an (seit 2024 = 3.624 EUR). Der Arbeitnehmer muss also nur einen Teil des Sparbeitrags durch Nettolohnverzicht finanzieren. 

 

So weit, so gut!

 

Grundsätzlich kommt bei der bAV das Kapitaldeckungsverfahren zur Anwendung.

Die Beiträge jedes Versicherten werden dabei, abzüglich Verwaltung, Vertrieb und Marketing, etc., vom Anbieter gesammelt und am Kapitalmarkt angelegt. Aus dem angelegten Vermögen, dem Deckungsstock, müssen alle garantierten Ansprüche des Versicherten befriedigt werden. Hinzu kommt zum Ablauf, wenn es denn gut läuft (Überschusssituation!!!) eine sogenannte Beteiligung an den Überschussreserven.

 

Auch hier, so weit, so gut!

 

Insgesamt verwalten die eigenständigen bAV-Einrichtungen, hierzu gehören Unterstützungskassen, Direktversicherungen, Pensionsfonds und Pensionskassen, zum Ende des Jahres 2014 knapp 270 Milliarden Euro. Die Tendenz ist steigend. Leider bin ich noch nicht auf aktuelle Zahlen gestoßen. 

 

Zu beachten ist allerdings, dass nicht nur zahlreiche Bedingungen des Sparvertrages, sondern auch die bAV-Einrichtungen einschließlich deren Anlagepolitik erheblichen gesetzlichen Regularien unterworfen sind. Hierüber wacht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als zuständige Regulierungsbehörde.

 

Warum ich das aufführe?

 

Die zufließenden Mittel müssen am Kapitalmarkt angelegt werden, um die garantierten Rentenzusagen erbringen zu können. Hinsichtlich ihrer Anlagepolitik sind diese Mittel keineswegs frei, sondern erheblichen Restriktionen unterworfen. So schreibt die BaFin explizit vor, dass die verwalteten Gelder überwiegend in "sichere" Anlagen zu investieren sind.

 

Was sind denn "sichere" Anlagen?

 

Es soll sichergestellt werden, dass die eingezahlten Beiträge als Mindestleistung garantiert werden können. 

Unter "sicher" versteht die Behörde also ausschließlich unsere guten alten Anleihen von Staaten und Banken innerhalb des Eurosystems, übrigens auch diejenigen von mehr oder minder am Rande der Insolvenz lavierenden Schuldnern. Diese Vorgabe resultiert aus der am 01. Januar 2016 in Kraft getretenen Richtlinie zur Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen, das Solvency II. 

Der Deckungsstock umfasst nach wie vor je nach Anbieter auch Staatsanleihen aus Griechenland, Italien, Portugal, Irland und Belgien. Trotz unserer Situation der immensen Staatsschuldenquoten handelt es sich, gemäß Solvency II um risikoneutrale Vermögenspositionen für die keinerlei Eigenkapital vorgehalten werden braucht. Darunter gesellen sich auch Emissionen von Bankhäusern, die allein vom Steuerzahler am Leben gehalten wurden, oder besser werden. 

 

Nicht mehr so gut!

 

Auch ist die bAV für diese Institutionen eine sprudelnde Finanzierungsquelle. Jeder bAV-Sparer betätigt sich automatisch als Staats- und Bankengläubiger, dessen Anteil am Deckungsstock natürlich auch entsprechenden Zahlungsausfallrisiken unterliegt. 

 

Nicht gut!

 

Beleuchten wir die Flexibilität:

Der Vertrag bindet den Arbeitnehmer langfristig, bestenfalls bis zum Lebensende. Eine vorzeitige Kündigung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wenn überhaupt. Und wenn erfolgt eine Rückabwicklung nur unter Inkaufnahme hoher Kosten. Der Arbeitnehmer erhält nach jahrelanger Einzahlung seiner Sparraten eine fixe Rentenzahlung, diese zwar in der Ansparphase steuer- und sozialabgabenfrei (bis zur Höchstgrenze) eine ordentliche Bruttorente aufzeigt, aber durch die nachgelagerte Besteuerung, der versicherungstechnischen Kalkulation aus Langlebigkeitsrisiko und der grundsätzlichen vollen Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung ziemlich mager in der Nettozahl ausfallen kann, oder wird... die Inflation habe ich ganz vergessen! Unter bestimmten Rahmenbedingungen müssen bAV-Leistungen sogar erst ab dem 67. Lebensjahr gezahlt werden, auch wenn ursprünglich das 65. Lebensjahr zugesagt wurde.

 

Und das alles, weil zwischendurch immer mal wieder neue Gesetzestexte entworfen werden.

 

Gar nicht mehr gut!

Jedem bAV-Sparer sollte bewusst sein, dass er ein strenges, starres und unbeeinflussbares Produkt erwirbt.

 

Schauen wir uns auch die Kosten an:

Neben Lebens- und Rentenversicherungen, sowie Riester- und Rürup-Policen, sind bAV-Verträge die mit am höchsten provisionierten Produkte der Finanzbranche. Dies sorgt nicht nur für Verkaufsanreize, sondern zieht somit auch entsprechende Kosten nach sich, die von den Sparbeiträgen abgezogen werden. Die Aufwendungen für Verwaltung, Vertrieb und Marketing kommen noch oben auf.

 

Transparent sind die Kosten nicht. Keiner kann beantworten, wie viel vom Sparbeitrag tatsächlich in den Deckungsstock fließen. Und sollte es eine fondsgebundene Anlage sein, dann geht auch hier der größte Teil in den Deckungsstock, weil die Garantie gewährleistet werden muss und die Kosten finanziert. Durchschnittlich fallen in diesen Produkten zur Deckung der Kosten über die Gesamtlaufzeit durchschnittlich 20 Prozent der Beiträge an.

 

Und die Erträge?

Wie soll ein Anbieter eine passable Rendite erwirtschaften, wenn zum einen die Beiträge größtenteils in Staatsanleihen investiert werden und zum anderen vom Sparbeitrag ein Batzen Kosten abgezogen werden.

 

Nun ist gut, oder?

 

Nein, leider nicht. Es geht noch weiter:

 

Erschwerend kommt hinzu, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen über die letzten Jahre kräftig nach unten geschraubt hat, um angeschlagenen Euroschuldnern ihre Refinanzierung zu ermöglichen. 

 

Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass es diese Regularien gibt, weil Banken und Versicherungen die Vermittler des Staates sind?

Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass genau diese Produkte den Konsumreiz bieten, damit über die Investition in Staatsanleihen die Schulden, zumindest ein Anteil davon in die Staatskassen zurückfließen kann? 

Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass Staatsschulden problemlos auf Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen abgewälzt werden können?

 

Es gibt noch weitere zu beachtende Gesetzestexte, diese mit Fassung 01. Januar 2014 ins Leben gerufen wurden:

das §314 Versicherungsaufsichtsgesetz regelt Auszahlungsverbote sowie die Herabsetzung von Leistungen für den Fall, dass ein Institut "dauerhaft nicht mehr imstande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen."

Mitte 2014 trat das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) in Kraft. Dieses regelt unter anderem, dass die stillen Reserven der Versicherer, die vor allem aus Buchgewinnen resultieren, wenn beispielsweise der Marktpreis zuvor gekaufter Anleihen zwischenzeitig im Wert gestiegen sind, nicht mehr an den Kunden mit auslaufenden Verträgen ausgeschüttet werden müssen.

 

Es tut mir leid, ihr lieben Finanzberater da draußen. Vorteile von Steuereinsparungen hin oder her und was weiß der Kuckuck noch für Verkaufsansätze präsentiert werden. Es mag ja alles stimmen, aber diese von mir nieder geschriebenen Fakten stimmen ebenfalls. Ein Produkt für die Zukunft und ein Produkt mit Ausrichtung auf die Interessen des Kunden?

Mit Sicherheit nicht!

 

Vielleicht dient es dem Gemeinwohle!?

 

Eine betriebliche Zusatzabsicherung soll doch eine Art der Gehaltserhöhung darstellen, es soll Mitarbeiter binden und motivieren. Wenn also ein Produkt wie dieses platziert wird, in dem der Arbeitgeber einen Zuschuss gibt, dann doch in Produkte, die dem Kunden wirklich nützen. 

 

Wie wäre es mit einer Umwandlung in die Arbeitskraftabsicherung oder in die Krankenversicherung?

Das sind Absicherungen, die eine Versicherung bedienen sollte, aber keine Geldanlage und schon gar nicht die Absicherung für das Alter, die unseren Lebensstand sichern soll!

 

Mein Anreiz mit diesem Artikel soll dazu dienen über Alternativen nachzudenken. Und soll es ein Umdenken anregen, dass unsere Anlagementalität der Vergangenheit nicht mehr in die Gegenwart und schon gar nicht in die Zukunft gehört.

Wir kaufen ja auch keine Kassetten mehr, sondern laden unsere Lieder über Apps, wie Spotify!

 

Ihre Daniela Sommerhoff