
Albert O. Hirschman war ein einflussreicher Ökonom und Sozialwissenschaftler, der für seine Theorie über **Exit, Voice and Loyalty** bekannt ist. Diese Theorie beschreibt, wie Individuen oder Gruppen auf den Leistungsabfall von Unternehmen, Organisationen oder Staaten reagieren können:
Exit (Abwanderung):
Wenn Menschen mit einer Situation unzufrieden sind, können sie sich entscheiden, die Organisation oder das Unternehmen zu verlassen. Zum Beispiel kann ein Kunde eine Marke wechseln, wenn er mit deren Produktqualität unzufrieden ist. Damit ist auch gemeint, Systeme zu verlassen. Beispiel ist die französische Revolution oder mit Blick auf die Migration die Wahl von Fluchtorten sämtlicher Menschen aus nicht gut lebbaren Gebieten. Menschen suchen sich bessere Systeme, die lebenswert erscheinen und Unterstützung bieten.
Voice (Widerspruch):
Statt zu gehen, können Menschen ihre Unzufriedenheit äußern und versuchen, Veränderungen herbeizuführen. Dies kann durch Proteste, Beschwerden oder politische Beteiligung geschehen.
Loyalty (Loyalität):
Die meisten Menschen bleiben trotz Problemen loyal und hoffen auf eine Verbesserung, anstatt sofort zu handeln. Sie nehmen es hin und halten den Mund. Egal, ob sie es gut finden oder nicht. Hirschman argumentierte aber auch, dass eine starke Loyalität die Nutzung von „Voice“ fördern kann, da Menschen eher versuchen, eine Organisation zu verbessern, wenn sie sich ihr verbunden fühlen.
Was macht eine Gesellschaft mit dem Überschuss, also über dem Lebensnotwendigen, den sie erhalten?
Eine weitere Frage, die Hirschman sich stellte und analysierte.
Eine moderne Gesellschaft heute ist ökonomisch und politisch so gesteuert täglich zu performen und zu produzieren, um für das BIP eines Landes zu sorgen oder auch um Haushaltsdefizite auszugleichen. So ist zum Beispiel die Finanzdienstleistung mit sämtlichen auf dem Markt befindlichen Produkten aufgebaut, um Staatshaushaltsdefizite zu stopfen. Ob Unternehmer oder für das Unternehmen tätige Angestellte entscheiden sich meist für die Loyalität. Es wird freiwillig der Raum der Konkurrenz beziehungsweise des Wettbewerbs gewählt.
Der Kommunismus funktioniert nicht - das wissen wir (siehe Exit). Funktioniert aber auf Dauer die Gegenseite des Kapitalismus? Wann kippt ein System? Gibt es etwas dazwischen? Kann man die freie Marktwirtschaft anwenden, ohne den Kapitalismus, als Zerstörungselement vornean zu stellen oder als einzige Lösung zu sehen?
Ein Fakt ist, dass die Funktion des Geldes im Kapitalismus auf Dauer nicht funktionieren kann, die kreditbasiert und konsumorientiert ausgerichtet ist. Während der Eurokrise, ausgelöst 2010 durch die globale Finanzkrise 2008, die viele europäische Banken und Staaten in wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte, prägte Frau Merkel den Begriff der marktkonformen Demokratie. Dieser Begriff beschreibt eine politische Ordnung, in der demokratische Prozesse so gestaltet werden, dass sie den Anforderungen des Marktes entsprechen. Dies jedoch führt dazu, dass wirtschaftliche Interessen über demokratische Prinzipien gestellt werden. Bedeutet, Regierungen können Gesetze und Maßnahmen ergreifen, die primär darauf abzielen, Investoren und Finanzmärkte zu beruhigen. Auch haben Experten aus Finanz- und Wirtschaftskreisen oft direkten Zugang zu politischen Entscheidungsprozessen und werden technokratische Entscheidungsfindungen gesucht.
Diese marktkonforme Demokratie ist nicht gesellschaftsfreundlich, sondern führt nur zur Vertuschung, Manipulation, kehrt unter den Teppich, ist arrogant und führt letztendlich nur zum Krieg. Die Frage ist also:
Wann wird eine Exit-Strategie angewendet? Wird sie überhaupt angewendet? Kann eine Gesellschaft überhaupt aussteigen? Macht es sogar Sinn, bevor territoriale Maßnahmen kapitalistischer Verflechtungen umgesetzt werden und ein System kippt?
Viel mehr sollte es daher einen demokratiekonformen Markt geben. Ein wirtschaftliches System, in dem die Marktmechanismen so gestaltet sind, dass sie demokratische Prinzipien unterstützen, anstatt sie zu untergraben.
Die Wirtschaft wird so reguliert, dass sie den Interessen der Gesellschaft dient.
Ein demokratiekonformer Markt könnte folgende Merkmale haben:
- Starke soziale und ökologische Regulierung: Unternehmen müssen sich an Regeln halten, die soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz fördern.
- Demokratische Kontrolle über wirtschaftliche Prozesse: Wichtige wirtschaftliche Entscheidungen werden nicht nur von Konzernen getroffen, sondern durch demokratische Institutionen beeinflusst.
- Begrenzung von Monopolen und Machtkonzentration: Es gibt Mechanismen, um übermäßige wirtschaftliche Macht einzelner Akteure zu verhindern.
- Transparenz und Mitbestimmung: Bürger haben Einfluss auf wirtschaftspolitische Entscheidungen, etwa durch Beteiligung an Genossenschaften oder durch öffentliche Debatten.
An dieser Stelle wären wir also bei der Stimme: "The Voice".
Daniela Sommerhoff