Um wirklich in die Richtung einer guten Zukunft zu steuern, sollten wir bis zur Wurzel der Wertschöpfung denken.
Thomas Hann, ein Betriebswirt, ein Experte für Genossenschaften, Regionalentwicklung und regionale Wertschöpfung, ein Netzwerker in den Bereichen nachhaltiges Wirtschaften, ökologische Innovation und Bewusstseinsforschung sowie bereits aktiv in der Umsetzung mit dem Hofgut LEO Cooperative eG im wunderschönen Gresgen, als neuartiges Bildungszentrum und Labor, zusammen mit einem bestehend großem Expertenteam und vielen Projektpartnern, schlägt vor:
Eine regenerative Ökonomie. - für eine gesunde und nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Eine Ökonomie, die es sich zur Aufgabe macht, dem Planeten und den Menschen wieder die Lebenskraft zuzuführen, die wir für die Gesundung der Wirtschaft und für die Gesundung von Mensch und Natur wahrhaft benötigen.
Daniela Sommerhoff: “Der Vorschlag ist zwar radikal, doch wat mutt, dat mutt!”
Was genau das heißt, möchten wir hiermit heute in Schriftform erklären:
„Die großpropagierten nachhaltigen Ziele spielen bei Unternehmensentscheidungen kaum eine Rolle. Das sollte sich allerdings schleunigst ändern. Thomas Hann hat auch einen Vorschlag, wie das funktionieren kann.“
Die nächsten Jahre werden von der Suche nach sauberen Lösungen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft geprägt sein. Umwelt- und Klimaziele der EU müssen in die industrielle und wirtschaftliche Praxis überführt werden. Doch wie kann eine Lösung aussehen, die über die modellhafte Theorie hinausgeht? Darüber habe ich mit Thomas Hann diskutiert.
Nachhaltigkeitsziele werden vielerorts und von großen Playern kommuniziert.
Warum funktioniert aber Nachhaltigkeit nach wie vor in der Wirtschaft nicht?
Thomas Hann: “Unser Wirtschaftssystem und das bisher daran gekoppelte praktizierte Geldsystem, kann nur mit einer ständigen Entnahme aus den planetaren Ressourcen stabil bleiben. Dass diese Entnahmelogik auf Dauer nicht funktioniert, erleben wir nun. Der echte Wiederaufbau planetarer und lokaler Ressourcen ist aktuell nur eine Randerscheinung und wird bereits seit langer Zeit von Stiftungen oder anderen Nicht-gewinnorientierten Organisationen durchgeführt. Zwar werden Nachhaltigkeitsziele groß propagiert, doch spielen sie bei wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen nur eine Nebenrolle.”
Daniela Sommerhoff: “Seit Jahrzehnten und Jahrhunderten wird uns suggeriert, das höchste Ziel sei Wachstum. Gewinnmaximierung. Unternehmen sollen größer werden, nach dem Motto: “Investiere in die Unternehmen, die die größten Erfolgsaussichten haben.” Das Hauptziel oder eher das einzige Ziel ist, Vermögen anzuhäufen. Diese Abschöpfung ist jedoch keine Wertschöpfung. Es ist ein raubender - kein zuführender Prozess!”
"Der Finanzmarkt bietet aber doch schon einige Lösungen an. Grüne Fonds zum Beispiel. Ist das keine Wertschöpfung im ursprünglichen Sinne?"
Sommerhoff: “Nein. Um in das klassische System der Geldanlage ökologische und nachhaltige Themen zu integrieren, wurde – plakativ gesprochen – in das magische Dreieck der Vermögensanlage, einfach eine zusätzliche, grüne (und sicherlich auch beruhigend wirkende) Linie gezogen. Damit wird jedoch keine Änderung geschaffen, sondern eine alte Theorie weiter praktiziert, damit sie fortgeführt - bestehen bleiben kann. Statt Transparenz und Logik zu schaffen, wird alles eher noch undurchsichtiger und komplizierter gestaltet.”
Hann: Lokale Gemeinschaften wie Dörfer, Quartiere und vor allem die Landwirtschaft geraten dadurch zunehmend unter Druck, denn die Ressourcen werden immer knapper. Erreicht wird damit, dass die wertschöpfenden Infrastrukturen schrumpfen, beziehungsweise sogar aus Dörfern und Kleinstädten gänzlich verschwinden. Wo früher lokales und qualitativ hochwertiges Handwerk sowie der Handel durch kleine Kreisläufe möglich war, verschwindet diese Form der gesellschaftlichen Selbstversorgung immer mehr. Zentrale Systeme und Globalisierung sind zwar eine logische Konsequenz eines globalen Kapitalismus, dennoch sind kleine und mittelständische Unternehmen das Fundament der Gesellschaft.”
Sommerhoff: “Genau! Dieses Fundament, also unsere Arbeitskraft, die das Wirtschaftssystem antreibt, schafft es mit der alten Vorgehensweise nicht. Das heißt, wir haben keine andere Wahl, als gemeinsam genau dort anzupacken, um wieder gute Substanz zu erschaffen, die regeneriert, nicht destabilisiert! Das Wort Sparen muss eine neue Bedeutung bekommen. Bisher sind die meisten Gelder in sehr großen Institutionen, wie Versicherungen und Banken angelegt - untergebracht, eben weil die Menschen durch die verschiedensten Berater mit dem bekannten “magischen Dreieck” in diese Anlageformen geführt werden. Diese Spargelder stehen damit aber nicht mehr den Regionen zur Verfügung, in denen die Menschen leben. Gleichzeitig sind heute die Art der Geldeinlagen von der hohen Inflation betroffen, sprich es wird kein Vermögen mehr aufgebaut, sondern entwertet.”
Das Thema Regionalität ist aber ja kein neues Thema.
Sommerhoff: “Nein, aber ein wichtiges und eines, welches DIE LÖSUNG sein kann. So, wie Thomas Hann schon lange Zeit sagt, müssen wir auf regionaler Ebene eine Grundversorgung schaffen, die der Staat so niemals leisten kann, weil er ganz andere Interessen verfolgt. Wir brauchen wieder Sicherheit für uns und unsere Familien.
Was kann uns in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen im schlimmsten Fall passieren? Nur mal angenommen, die Paragraphen aus dem Versicherungsaufsichtsgesetz, Sanierungsabwicklungsgesetz und Lastenausgleichsgesetz für Immobilien greifen - im Wohle uns Aller - ein. Was passiert dann? Spätestens dann haben Privatpersonen kein Vermögen mehr!”
Hann: “Richtig. Wir müssen auch vor diesem Hintergrund umdenken und den Gewinn neu definieren. Neue Wege, die sich von monetären Werten hin zum Wert eines guten Lebens vor Ort bewegen. Es betrifft nicht nur unsere Alten, die sich einen guten Lebensabend wünschen und den sie sich sowohl verdient haben, sondern auch die arbeitende und wirtschaftstreibende Gesellschaft und vor allem unsere Kinder. Viele Jobs der Zukunft kennen wir noch gar nicht.
66 % der Jobs, die unsere Kinder einmal ausüben werden gibt es noch gar nicht.
Wo, wie und von wem werden diese entwickelt?
Das bedeutet, besonders diesen Weg sollten wir unterstützen und ebnen!”
Eine nähere Erläuterung bitte!
Hann: “Geld kann kein alleiniger Indikator für Erfolg sein, sondern sind es vorrangig Mehrwerte im Zusammenleben, der Versorgungssicherheit, der Dienst an der Gesundheit der Menschen und ihrer Lebensumgebung. Das sind fundamentale Pfeiler der Lösung. Wir, mein Team und ich, haben ein Modell als Alternative zur globalisierten Wirtschaft entwickelt, das auf dem Prinzip der Genossenschaft fußt, denn die bisherigen Parameter der Gewinnmaximierung bringen zukünftig keine Attraktivität für die Menschen mit sich. Diese regenerativen Genossenschaften bilden sich aufgrund der Bedarfe lokaler Gemeinschaften und übernehmen Teile der Daseinsvorsorge (Grundbedürfnisse wie Wärme, Strom, Nahrung, Wohnraum und vor allem Sozialraum und Bildung).”
Sommerhoff: “Das hört sich ja großartig an. Regenerative Genossenschaften entwickeln also lokale Wertschöpfungskreisläufe und ermöglichen mit diesen uns Menschen die Ersparnisse dort zu investieren, wo wir leben. Diese neue Unternehmensform unterstützt demnach auch ein Unternehmen selbst, welches sich dafür entscheidet? Denn, während eine klassische Kapitalgesellschaft das Hauptaugenmerk nur auf sich selbst, die Gesellschafter legt und Umsätze aus öffentlicher Infrastruktur, produktiver Gemeinschaft und Natur erzielt, damit Überschüsse ansammelt und zu einem Berg anhäuft, schließt eine regenerative eG die produktive Gemeinschaft sowie die Natur als Miteigentümer ein, lässt also ein Unternehmen gesund heranwachsen? Ebenso erzielt es den gemeinsamen Erfolg aus erzielten Überschüssen und gibt es dem Menschen und der Natur zurück. Ist das richtig?
Hann: “Ja, bei diesen Investitionen in bürgereigene Infrastrukturen wird darauf geachtet, dass sie lebensdienlich sind und die Lebensumgebung der Menschen durch gesunde Natur, nachhaltiges Wirtschaften und eine bessere Wohn- und Gesundheitsversorgung aufwerten. Gleichzeitig schaffen sie auch einen neuen, konstruktiven Sozialraum, der die Zusammenarbeit und den Austausch fördert und die daraus entstehenden positiven Effekte wiederum den dort lebenden Menschen zugute kommen lässt. Dabei wird das Prinzip „Planet, People, Profit“ so angewendet, dass möglichst viel Geld in der Region der Genossenschaft bleibt und kreist. Die daran beteiligten Mitglieder erhalten ihre Renditen aber auch unmittelbar in Form von Leistungen, Versorgung und anderen Mehrwerten zurück. Gelder, die in so kleinen Kreisläufen fließen, schaffen Wertschöpfung viel schneller, da sich das Geld lokal schneller und verlustfreier bewegen kann.”
Ist diese Beschreibung regionaler Wirtschaftskreisläufe nicht doch wieder nur eine Insellösung für ein nationales, wenn nicht gar globales Problem?
Hann: “Durch lokale Autonomie und Selbstversorgung haben die Menschen eine sehr konkrete Chance, sich selbst wieder zu ermächtigen. Da bereits seit langem über die negativen Konsequenzen von Shareholder-Value und Lobbykratie geschimpft wird, entstehen mit dieser neuen Form und Umsetzung plötzlich konkrete Möglichkeiten die eigenen Ersparnisse diesen großen Strukturen zu entziehen und in die eigene Daseinsvorsorge zu investieren!”
Sommerhoff: “Und weil das so ist, muss Nachhaltigkeit neu gedacht werden. Regeneration muss stattfinden - ohne “wenn und aber”. Es müssen neue gesunde Kreisläufe geschaffen werden, die echte Wertschöpfung zulassen. Jeglicher Verdienst würde damit auch generationsübergreifend in unangreifbares Vermögen gewandelt werden - unabhängig von nationalen oder internationalen Krisen!”
Zu schön, um wahr zu sein?
Von Herzen,
Daniela Sommerhoff