
Frau Sommerhoff hat mal ein wenig geforscht - bzw. erstmal recherchiert über "Alles hat ein Ende".
Zumindest weltlich gesehen ist es so, denn wir leben nicht im Universum, sondern stehen ganz realistisch mit zwei Beinen plus weiteren wunderbaren Organismen und Lebewesen auf der Erde. Und die Erde ist im Gegensatz zum Universum endlich.
Weil sich viele Menschen nicht mit dem Ende auseinandersetzen möchten, verdrängen sie es, wenden sich ab oder ignorieren es – vielleicht, weil das Leben sich so leichter anfühlt.
Die Krux dabei ist jedoch: Das Rad der Zeit dreht sich trotzdem unerbittlich weiter. Jeder Faden hat einen Anfang und ein Ende – und ab einem gewissen Punkt wird er kürzer. Zwar lässt sich eine Schnur durch Knoten verlängern, doch genau dort entstehen die Verstrickungen – in allen Lebensbereichen. Am Ende bleibt oft ein Knotenwerk, das kaum zu entwirren ist.
Wie viel schöner ist es doch, sich des sogenannten Endes bewusst zu sein. Denn wer es kennt, kann dem Weg nicht nur Sinn und Schönheit verleihen, sondern auch Neues erschaffen – frühzeitig - mit dem Ziel, dass selbst das Ende sanft und bedeutungsvoll wird. Schließlich endet die Schnur nicht im Nichts. Sie wird aufgenommen, knüpft an und schafft Übergänge.
Zu betrachten wäre diese sinnbildliche Erklärung also mit dem Ansatz, dass kein Wesen auf dieser Erde einfach nur so hier ist. Kein Lebewesen wird in die Welt gepflanzt --- ohne eine vernünftige Aufgabe zu erfüllen.
So gehe ich gedanklich weiter zum Kapitalismus. Wir dürfen nicht vergessen, dass dieser ein Handwerk des Menschen ist.
Die aktuelle Krise des Kapitalismus reicht tiefer als die normalen Konjunktureinbrüche: Das Wachstum stagniert, die Verschuldung wächst, die Ungleichheit nimmt zu. Staatliche Regulierungsfähigkeit und gewerkschaftliche Gegenmacht haben dramatisch an Kraft verloren – es waren aber diese Institutionen, die ein Jahrhundert lang den heiß laufenden kapitalistischen Motor - oder den Kessel - immer wieder gezügelt, gebremst, gelenkt, und damit nach jeder Krise seine Weiterexistenz gesichert haben.
Dieser letzte Satz sagt also: Diese beiden Kräfte – der Staat und die Gewerkschaften – haben früher wie eine Art Kontrollsystem für den „kapitalistischen Motor“ fungiert. Wenn dieser „überhitzte“ oder aus dem Ruder zu laufen drohte, haben sie ihn eingebremst, gelenkt und so dafür gesorgt, dass er auch nach Krisen weiter funktioniert.
Wolfgang Streeck, ein führender Sozialwissenschaftler und emeritierter (ehrenvoller) Direktor des Kölner Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, thematisiert in seinen Arbeiten und Diskussionen eine tiefgreifende Systemkrise des Kapitalismus, die sich nicht mehr lediglich als zyklische Wirtschaftskrise, sondern als strukturelle Erschöpfung eines lange als alternativlos geltenden Modells zeigt. In seinem Essay „Wie wird der Kapitalismus enden?“ identifiziert Streeck drei zentrale Trends:
Erstens das stagnierende Wachstum, das seit den 1970er Jahren anhält und durch die Finanzkrise von 2008 weiter verschärft wurde. Zweitens die zunehmende Verschuldung, sowohl auf staatlicher als auch auf privater Ebene, als Versuch, das fehlende Wachstum zu kompensieren. Drittens die wachsende Ungleichheit, die die soziale Kohäsion, den inneren Zusammenhalt, untergräbt und das Vertrauen in demokratische Institutionen schwächt.
Streeck argumentiert, dass die Institutionen, die den Kapitalismus einst stabilisierten – wie Gewerkschaften, Sozialstaat und staatliche Regulierung – zunehmend entmachtet wurden. Das resultierende System hangelt sich von Krise zu Krise, ohne echte Reformfähigkeit (Veränderung, Durchsetzungskraft und Aushaltekraft) zu zeigen. In seinem jüngsten Buch „Gekaufte Zeit“ analysiert er den Niedergang des demokratischen Kapitalismus und stellt die Frage, ob dieser Zustand ewig anhalten kann.
Er ist sich sicher, dass es so nicht weitergehen kann und fragt nach den Gegenkräften, die diese langfristigen negativen Tendenzen auflösen könnten.
"Das ist natürlich nicht so einfach, denn wenn, muss schon Jeder mitspielen."
Greffrath, Autor und Journalist, stellte in einem Gespräch mit Streeck im Jahre 2015 die provokante Frage, ob der Kapitalismus tatsächlich einen Breaking Point erreicht oder ob die Gesellschaft sich an die bestehenden Ungleichheiten gewöhnt hat. Er zitiert auch Marx, der warnte, dass ohne Organisation der Arbeiterklasse kein Ausweg aus der Misere möglich sei. Streeck stimmt zu und betont die Notwendigkeit, dass sich das nationale Staatsvolk ermächtigen und seine politischen Vertreter auffordern muss, neue institutionelle Regeln zu schaffen, um den Einfluss des internationalen Marktes der Kapitalisten in den Griff zu bekommen.
Ein zentrales Anliegen in der Diskussion ist die Rolle des produktiven Kapitals. Streeck und Greffrath fragen sich, ob Unternehmen, die im produzierenden Sektor tätig sind, erkennen könnten, dass das vorherrschende finanzkapitalistische Modell ihre eigenen Interessen untergräbt.
Die Hoffnung besteht, dass eine Allianz zwischen Politik, Arbeit und Kapital entstehen könnte, um einen Weg zurück zu einem stabileren und gerechteren System zu finden.
Streeck beobachtet, dass in den USA kaum noch Unternehmen existieren, die ein Interesse daran hätten, tiefgreifende gesellschaftliche oder wirtschaftliche Veränderungen herbeizuführen – etwa hin zu einem sozialeren oder stärker regulierten Kapitalismus. Diese Unternehmen haben früher vielleicht noch Verantwortung für das Gemeinwohl übernommen oder bestimmte Reformen unterstützt. Heute sind sie laut Streeck „weitgehend verschwunden“, was bedeutet: Die Wirtschaftsstruktur dort ist so verändert, dass es kaum noch Player mit reformfreundlicher Haltung gibt.
Das Wort reformfreundlich beschreibt eine Haltung oder Einstellung, die offen für Veränderungen ist—besonders wenn es um politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Strukturen geht. Ein reformfreundlicher Mensch oder ein reformfreundliches Land unterstützt also Ideen, die bestehende Systeme verbessern oder erneuern wollen, anstatt strikt am Alten festzuhalten.
Damit verlagert sich die Hoffnung auf Europa. Die Frage ist, ob es hier noch möglich sein könnte, den Sozialstaat zu erneuern und stärker gegen die negativen Auswüchse des Kapitalismus gegenzusteuern – sei es durch politische Reformen, stärkere Regulierung oder eine Wiederbelebung gewerkschaftlicher Strukturen. Europa erscheint also als „Lichtblick“, aber ob diese Hoffnung berechtigt ist, bleibt offen.
Die Frage ist auch: "Wer ist Europa?"
Vom Anfang und Ende des Kapitalismus - Essay | Kapitalismus und Alternativen | bpb.de
Die Bundeszentrale für politische Bildung beschäftigt sich schon lange damit. Zusammengefasst wird beschrieben, dass der Kapitalismus vor einem chaotischen und brutalen Zusammenbruch steht, was zunächst pessimistisch erscheinen mag.
Ja, Pessimismus scheint erstmal schwarz, obwohl es eine wunderschöne Farbe ist. Ich mag schwarze Autos, schwarze Kleider, schwarze Schuhe... schwarz kombiniert mit anderen Farben passt immer. Ohne Schwarz, kein Weiß. Ohne Schatten, kein Licht. Und so weiter.
Es gibt bereits zahlreiche Konzepte für eine ökologische Kreislaufwirtschaft, die den Kapitalismus überwinden könnten, wie erneuerbare Energien, Recycling und regionale Produkte, doch bleibt das zentrale Problem ungelöst:
Es fehlt an einem klaren Übergangsprozess von der aktuellen Wirtschaftsordnung (freie Marktwirtschaft) zu einer "Postwachstumsökonomie". Der Ökonom Niko Paech ist zum Beispiel einer der bekanntesten Vertreter dieser Idee. Er argumentiert, dass technischer Fortschritt allein nicht ausreicht - schon gar nicht um Umweltprobleme zu lösen – stattdessen müsse unser gesamtes Wirtschafts- und Lebensmodell überdacht werden.
Die Vorschläge für eine solche Gesellschaft basieren oft auf der Annahme, dass Arbeit und Einkommen reduziert werden können. Dies wiederum ignoriert die Dynamik des Kapitalismus, der kein stabiles System ist. Wachstum ist für Unternehmen entscheidend, da Investitionen nur dann erfolgen, wenn Gewinne erwartet werden. Ohne Wachstum drohen Unternehmen Verluste, was zu einem Rückgang der Investitionen und letztlich zum wirtschaftlichen Zusammenbruch führt.
Dieser Prozess könnte eine unkontrollierbare Abwärtsspirale auslösen, ähnlich der Weltwirtschaftskrise von 1929, wobei Arbeitsplätze verloren gehen und die Nachfrage sinkt. Wachstumskritiker verwechseln oft die Volkswirtschaft mit der Summe einzelner Unternehmen und übersehen, dass der Kapitalismus nur Einkommen erzeugen kann, wenn Wachstumsperspektiven bestehen.
Ein absolutes Dilemma.
Wachstum ist notwendig, doch ein komplett nachhaltiges Wachstum ist nicht möglich, während normales Wachstum zu ökologischen und kriegerischen Katastrophen führt.
"Was glaubt ihr, warum nach gewissen Zeitzyklen immer wieder große Krisenherde und Kriege entstehen?"
Es wird stets die Schnur einfach nur durchtrennt, um einen künstlichen Neuanfang zu schaffen, damit Alles wieder von Vorne beginnen kann.
Daher bleibt nur der pragmatische Ansatz freundliche Praktiken zu fördern, ohne sich einzubilden, dass dies nur ein "grünes" Wachstum darstellt. Die Frage, wie der Kapitalismus transformiert werden kann, ohne in Chaos zu enden, ist daher weiterhin offen und erfordert wohl weitere Forschung ??????
Daniela Sommerhoff
Foto von Adam Valstar auf Unsplash